In den letzten Jahren erkenne ich immer mehr ein Schuldzuweisungsspiel gegen das Top-Management. Mein dringender Appell an die agile Gemeinschaft lautet: HÖRT DAMIT AUF!

Warum diese Aussage?

Seit über dreissig Jahren bin ich im Geschäft. In den letzten zwanzig Jahren habe ich einen beträchtlichen Teil meiner Zeit mit dem mittleren Management und in den letzten zehn Jahren mit dem Top-Management verbracht. Ich muss wirklich sagen, die überwiegende Mehrheit der Top-Manager, die ich getroffen habe, sind klug, charismatisch, engagiert und kennen sehr wohl die dunklen Flecken um sie herum. Nun, schreckliche Hardcore-Manager gibt es tatsächlich, aber hey, schreckliche Mitarbeiter auch. Zum Glück ist weder das eine noch das andere die Mehrheit.

UND JA: Ich mag Aussagen wie „Ein guter Manager stellt Leute ein, die klüger sind als er“ nicht. Ein netter Dilbert-Cartoon zeigt, wohin das führt. Ein Manager oder Leiter benötigt UNTERSCHIEDLICHE und KOMPLEMENTÄRE Kompetenzen. Die Kompetenzen eines Führers und Managers. Sie ist Teil des Teams/der Teams und ergänzt diese mit Management- und Führungskompetenz.

Vielleicht sind wir als agile Gemeinschaft Teil dieser Sichtweise auf das Top-Management?!
Vielleicht schätzen wir die Kompetenzen der Manager und Führungskräfte in unseren Unternehmen nicht genug?!

Warum sind Manager dort, wo sie sind?
Sind wir, die Mitglieder des mittleren Managements und die Mitarbeiter, dumme Schafe ohne Einfluss; und deswegen nicht Teil dieses Status quo?

Hier einige meiner Beobachtungen:

Wir reden immer über Fehlerkultur. Aber sobald ein Manager eine kleine Schwäche zeigt oder eine falsche Entscheidung trifft, beginnt das Schuldzuweisen „was für ein Versager…“, „Wenn er mich vorher gefragt hätte…“ und so weiter. Wo ist unsere Feedback-Kultur, Offenheit und Transparenz?

Manager haben die gleichen Einschränkungen wie jeder andere Mitarbeiter im Unternehmen. Es ist Unsinn zu denken, ein CEO könne einfach entscheiden und den großen Hebel nach Belieben ziehen. Ein CEO ist Teil des Systems, wie wir es sind. Da gibt es den Aufsichtsrat, den Wettbewerb, den Konzern-CEO, immer noch seltsame Zieldefinitionen (als Teil unserer Kultur) und so weiter.

Ich habe erkannt: Top-Manager sind allein und isoliert. Sie vermissen Kollegen für echtes und offenes Feedback. Wir alle laden unsere Ansprüche und Forderungen auf ihren Schreibtisch und erwarten sofortige Maßnahmen. Wo ist unser Teil der Kommunikation und Zusammenarbeit?

Unsere leistungsorientierte abendländische Kultur interpretiert Stillstand als Zusammenbruch. Sobald man ein bestimmtes Verantwortungsniveau erreicht hat, zwingt unsere Kultur jeden Einzelnen von uns, besser, schneller, verantwortungsvoller zu werden. Andernfalls sinkt dein Einfluss, du wirst als „Modell von gestern“ abgestempelt, die Kompetenzen, die du besitzt und in denen du langjährige Erfahrung hast, werden nicht mehr respektiert. Du wirst nach unten gereicht. Manager sind gezwungen, voranzugehen, sobald sie diese soziale Grenze überschritten haben. Ich kenne Manager, die mir sagten: „Weißt du, eigentlich war ich glücklich mit meinem Job als X. Wir hatten Erfolg, mein Team und ich führten und unterstützten sie. Wir haben dieses Produkt geschaffen und es hat Spaß gemacht. Aber dann bat mich der Aufsichtsrat, die Verantwortung für dieses große Programm Y zu übernehmen. In meinem Herzen hätte ich lieber bei X geblieben, aber das wäre das Ende meines Lebens hier gewesen. Sie hätten mich fallen lassen. Ich muss noch fünfzehn Jahre arbeiten. Ich mag das Unternehmen. Schließlich habe ich zugestimmt, Y zu übernehmen und gebe mein Bestes. Ich habe ziemlich strenge Vorgaben – du kennst das Spiel, oder? Früher ging es mir besser…“. Und ja, ich weiß.

methode_detail

Es ist so einfach, Manager zu beschuldigen. Es ist so einfach, nach Führungskräften anstelle von Managern zu rufen. Es ist schwieriger, einen Schritt zurückzutreten, zu reflektieren und zu versuchen, einen Ausweg aus dieser Falle zu finden.
Ich werde in diesem Blog keine Lösung anbieten. Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine „Lösung“ gibt, um DAS zu lösen. Die Welt ist komplex und unsere Kultur baut hohe Mauern auf, die wir für eine Veränderung einreißen müssen.

Was tue ich?

Ich habe aufgehört, auf das Top-Management zu zeigen. In meiner Arbeit mit dem Top-Management versuche ich, die sehr seltenen Momente zu finden, um ein offenes und sicheres Gespräch für beide Seiten zu beginnen. Und innerhalb der Teams bitte ich um Verständnis. Ich versuche, das Gespräch zwischen dem Top-Management und „allen anderen“ zu fördern. Gespräche sind immer ein gutes Mittel, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Ich möchte, dass die Barriere verschwindet. Top-Manager und Führungskräfte sind klug, charismatisch, engagiert und es ist von hohem Wert, eng zusammenzuarbeiten.

Vielleicht hilft es, Top-Managern (oder Top-Führungskräften?) Unterstützung und Hilfe anzubieten, anstatt nur Unterstützung und Hilfe zu erwarten.

Vielleicht wird es in Zukunft möglich sein, dass ein verantwortlicher Leiter von X bei X bleiben darf, anstatt sich für das größere und anspruchsvollere Y zu entscheiden – und dabei seinen Einfluss, seine Verantwortung und Anerkennung behält.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * markiert.


Beitragskommentare